8 Fragen an Enrico Stoll

Acht Fragen an ...

Prof. Dr.-Ing. Enrico Stoll, B.Sc.

Technische Universität Braunschweig

Institut für Raumfahrtsysteme


An dieser Stelle beantworten Lehrende aus verschiedenen Disziplinen Fragen und geben uns darüber einen Einblick in ihren Lehralltag und ihre Erfahrungen.


1) Wenn Sie sich an Ihre ersten Erfahrungen als Dozent/in in einer Lehrveranstaltung erinnern, was fällt Ihnen dazu ein?


Meine ersten Erfahrungen als Dozent habe ich an der FU Berlin gesammelt. Damals war ich noch in der Industrie tätig und habe nebenbei (während des Urlaubs) eine Vorlesung zur Satellitentechnik geben. Jetzt als Institutsleiter freue ich mich, dass eine Reihe von Lehrveranstaltungen von externen Dozenten gegeben werden, die parallel zu ihrer Hauptanstellung Interesse daran haben, mit Studenten zu arbeiten.


2) Was verbinden Sie mit dem Begriff „gute Lehre“? Was ist Ihnen besonders wichtig in der Lehre (neben den jeweiligen Fachinhalten)?


Gute Lehre ist eine Gratwanderung zwischen Entertainment und der Vermittlung von Fachinhalten, welche mitunter auch sehr eintönig sein können. Keines der beiden Enden darf man überreizen.


3) Besondere Herausforderungen in der Lehre -  welches Erlebnis oder welche Situation fällt Ihnen dazu ein? Wie sind Sie damit umgegangen? Was haben Sie daraus gelernt?


Während meiner Postdoc-Zeit an einer amerikanischen Universität habe ich gesehen, dass es gerade in den Ingenieurswissenschaften sehr wichtig ist, dass es neben der theoretischen Lehre auch eine praktische Anwendbarkeit gibt. So ist es immer von Vorteil, wenn sich die Studenten die „Hände schmutzig machen“ und damit das Gelernte in der Praxis umsetzen können.


4) Wie nehmen Sie aktuell die Studierenden wahr in Ihrem Studierverhalten – beobachten Sie Veränderungen im Vergleich zu früheren Jahrgängen? Welche Bedeutung hat das evtl. für Ihre Planung und Durchführung von Lehrveranstaltungen?


Aktuell nehme ich ein Trend bei einigen Studierenden dazu war, dass sie versuchen, mit minimalem Aufwand den maximalen Gewinn (als z.B. Credit Points) zu erlangen. Natürlich gab es solch ein Verhalten bei Studierenden auch schon früher – aber eher vereinzelt. Ich hoffe, dass dies kein wirklicher Trend, sondern nur eine Momentaufnahme ist.


5) Gibt es eine Methode, die Sie besonders gern einsetzen, um Studierende zu aktivieren und zu beteiligen?


Ich nutze gerne das EduVote-System in meinen Vorlesungen, um eine gewisse Interaktion mit den Studierenden in den Veranstaltungen zu erreichen. Studierende können hier per Handy zu einer von mir gestellten Frage – ähnlich wie bei „Wer wird Millionär?“ – abstimmen und die Antwortstatistik ist für alle sichtbar. Auf diese Art und Weise kann man auch falsche Antworten diskutieren und die Studierenden zum Mitdenken anregen.


6) „Viel Stoff – wenig Zeit“: Wie gehen Sie mit dieser Herausforderung um?


Genau wie die Studierenden lernen müssen, sich effizient Stoff anzueignen, müssen wir Dozenten lernen, effizient Stoffe zu vermitteln. Das heißt wir haben während eines Semesters eine feste Anzahl von Wochen bzw. Wochenstunden zur Verfügung und müssen Wege finden, den Stoff in geeigneter Geschwindigkeit zu vermitteln. Man muss also Prioritäten setzen.



7) Gibt es ein Erlebnis im Rahmen einer Lehrveranstaltung, an das Sie sich besonders gern erinnern?


Ja natürlich. In meinem Grundstudium an der TU Dresden gab es eine Vorlesung zur Mess- und Automatisierungstechnik. Diese war nachmittags und auch schwer zu folgen. Bei einem der Vorlesungstermine im Sommersemester kam ein Student in der Mitte Vorlesung in den Hörsaal und rief quer durch selbigen, dass im Studentenclub Bockbieranstich wäre. Daraufhin verschwanden ca. zwei Drittel der Anwesenden.


8) Wenn Sie auf unsere Bildungslandschaft in Deutschland schauen und drei Wünsche frei hätten, welche wären das?


i) Freie Bildung und ggf. Stipendien bis zum ersten berufsqualifizierenden Abschluss, ii) Abschaffung des Numerus Clausus und iii) Eindämmung der Bürokratie.





Herzlichen Dank für den Beitrag!